Auch ein Clown hat ein Herz, das zerbrechen kann

Ich bin ein Clown. Und mein Freund war auch ein Clown. Wir beide wussten schon sehr früh, dass das unsere Bestimmung war.

Wir sind in einer Zirkusfamilie aufgewachsen und so durchliefen wir einige verschiedene Berufsrichtungen wie Artistik oder  auch Kunststücke mit den Tieren vorzuführen. Doch wir blieben dabei ein Clown zu sein.

Über viele Jahre war das unsere Berufung und unser Beruf. Mein Freund und ich arbeiteten zusammen und nach einer ganzen Weile entwickelten wir auch eigene kleine Geschichten. In unserem Zirkus gab es nur Hunde und  Pferde, was uns eigentlich allen Spaß brachte. Aber wir machten unser Ding immer nur zu zweit. Mal war der eine, mal der andere die Dummbacke und wir genossen es, diese Rollen immer im Wechsel zu durchspielen. Ging die Show los, waren wir meist die ersten, die das Publikum ein bisschen munter machten, ehe wir wieder verschwanden. Natürlich blieben wir immer sehr aufgeregt, weil das Publikum als erstes auf uns reagierte und waren wir nicht gut genug, dauerte es oft sehr lang, ehe der fröhliche Funke übersprang. Aber wenn er es tat, fielen wir uns hinter der Bühne sofort in die Arme. Und das blieb über viele Jahre so. Bis…

Sie war wunderhübsch und dazu meist auch sehr fröhlich.

Sie wickelte uns zwei gleich um den Finger und wir verliebten uns in diese junge Frau. Da wir aber beide glaubten keine Chancen zu haben ihr Herz zu erobern, blieben wir dabei, dass sie zauberhaft war und wir beide sie anhimmeln durften. Sie war Artistin und wirklich gut. Wir hielten beide immer den Atem an, wenn sie auftrat. Manches mal vergaßen wir sogar, dass wir gleich nach ihr auf die Bühne mussten, so sehr nahm uns ihr Auftritt mit.

Und dann kam der Tag, der alles veränderte. Sie stürzte ab und blieb im Netz liegen.Das Publikum spürte sofort, dass da etwas schlimmes passiert sei und wir hielten uns auch nicht wie sonst bei kleineren Stürzen zurück, sondern rannten alle sofort zu ihr. Sie war scheinbar so unglücklich gefallen, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Sie sah uns beide an und mein Freund ergriff vorsichtig ihre Hand und sagte:

Halte still, ich bin bei Dir!”

Und als sie abtransportiert wurde, ging er wie selbstverständlich an ihrer Seite. Ich blieb zurück und fühlte mich allein und verlassen.

Da keiner wusste, was mit ihr los war, hieß es weiterspielen, weitermachen. Diesmal musste ich alleine in die Arena, weil mein Freund nicht mehr dabei war. Ich versuchte so gut es ging, etwas allein zu machen, weinte ein bisschen und winkte gespielt hinter den beiden her, ehe ich einen kleinen Sketch anhing, den ich allein spielen konnte. Danach ging ich hinter den Vorhang zurück.

Was konnte ich erfahren, wohin hatte man sie gebracht?

Alle traten weiter auf, doch noch ehe der Abend zu Ende ging, waren wir schon informiert, dass sie querschnittsgelähmt bleiben würde. Das haute mich um und den Rest des Abends heulte ich vor mich hin.

Heute frage ich mich, warum ich nicht auch gleich zu ihr gefahren bin? Nur mein Freund tat das. Ganz alleine. Ich wusste jetzt, dass er sie von ganzem Herzen lieben würde und bereit wäre, sein Leben für sie zu opfern.

Ich habe sie noch einmal gesehen: In unserem Zirkus. Etwa ein halbes Jahr später. Alle beide, lächelnd, sie im Rollstuhl, er neben ihr. Sie sahen sich die halbe Show an, ehe sie während der Pause das Zelt verließen. Das war das letzte mal und ich habe niemals mehr meinem Freund sagen können., dass er sie verdient hatte, weil er bereit war, sein ganzes Leben für sie zu ändern. Und das wäre ich nicht gewesen.

Aber ich habe nie geheiratet. Irgendwie dachte ich immer, dass es keine geben sollte, die sie ersetzt, weil sie nicht wirklich zu ersetzen war.