Der Apfel war schuld

Es war noch früher Nachmittag, als Selma sich auf den Weg machte, um nach Hause zu gehen. Und wie so oft nahm sie jetzt häufig Umwege durch den Wald in Kauf und nicht wie zu Kinderzeit den direkten Weg nach Hause. Ein paar Minuten wollte sie heute mal wieder beim Bauern Bärholz anhalten, um wie früher einen Apfel bei ihm zu erstehen. Sie spazierte den Weg entlang und dann öffnete sich der Wald. Eine große saftige Wiese lud ein zum Obstgarten zu kommen. Am Ende eines längeren Weges stand das Bauernhaus, das so einladend aussah wie früher.

Früher, das war vor 12 Jahren, als sie noch in dieser Gegend wohnte, ehe sie in die Stadt zog. Sie liebte das Landleben, aber auch die Stadt. Erst in den letzten Jahren zog es sie wieder aufs Land und sie tat das auch gern, weil es ihren Vater erfreute.

Langsam schlenderte sie zwischen den Obstbäumen hindurch und schon bald blickte sie nach oben, um ihre Lieblingsäpfel zu finden. Aber irgend etwas war anders, denn einige Äpfel gab es nicht mehr. Gerade wollte sie der Sache auf den Grund gehen, da hörte sie fröhliches Lachen und sie konnte nun durch die Bäume ein kleines Kind sehen, das mit einem Apfel spielte.

Als sie näher trat, hielt der Kleine inne und sah sie fragend an:

Wer bist Du denn,“

fragte er und Selma antwortete: „Ich bin Selma und wohnte früher hier im Ort. Und wer bist Du?“ – „Ich bin Jakob und wohne hier mit meinem Papa.“ – „Schon lange?“ fragte Lena zurück. „Ich bin jetzt 7 Jahre alt und wir leben nun seit 2 Jahren hier in unseren Dorf. Meine Mama ist schon beim lieben Gott und passt von dort auf mich auf und Papa arbeitet am Schreibtisch, im Garten und auch an seinen Büchern.“ Und spielst Du alleine im Garten?“ – „Nein, ich spiele mit allem, was ich gern habe. Manchmal kommen die Eichhörnchen, dann mal die Vögel, die ich belausche, auch mal ein Hund vom Nachbarn, der mich mag. Außerdem lese und male ich gerne und ich gehe auch, wenn nicht gerade Ferien sind, gerne in die Schule.“

In dem Augenblick kam ein Mann angelaufen. Seine Schritte wurden aber langsamer, als er sah, dass Jakob sich mit einer jungen Frau unterhielt. „Guten Tag,“ sagte er. Er sah sie freundlich fragend an. „Ich dachte, hier müsste noch immer Bauer Bärholz wohnen und er würde mir vielleicht wie früher einen Apfel schenken. Statt dessen aber hörte ich Jakobs Lachen und habe mich mit ihm unterhalten,“ meinte Selma. „Einen Apfel werden wir Ihnen auch gerne schenken,“ meinte der Papa, der sich dann kurz vorstellte mit „Peters“.

Kein Mensch wunderte sich später, dass Selma nun jedes Wochenende nach Hause kam und ebenso jedes Wochenende einen Apfel geschenkt bekam. Anfangs von Jakob, später auch von Jakobs Papa. Und wen wunderte es, dass noch kein Jahr vergangen war, die Hochzeitsglocken läuteten.

Und vermutlich wunderte sich auch keiner mehr, dass kaum ein Jahr später noch ein kleines Schwesterchen geboren wurde.

Eine schöne, kleine Geschichte. Und dennoch ist sie wahr.