Gestern hatten wir einen wunderschönen Tag mit viel blauem Himmel und sanfter Herbstluft, die schon ein klitzekleines bisschen Frostgeruch erahnen ließ. Ich wollte mit dem Bus zum Zahnarzt fahren, der mich schon lange vermisst hatte.
Ich stieg in den Bus und bemerkte erst, als der an meiner Haltestelle vorbeifuhr, dass es der falsche Bus war. Es war einer dieser Wagen, die nur selten hielten auf dem Weg zum Flughafen. Das heißt, ich fuhr fast bis an den Stadtrand ohne dass er hielt. Schnellstens stieg ich dort aus, um die Straße anschließend zu überqueren, weil ich diesen Weg wieder zurückfahren musste, um noch rechtzeitig zum Zahnarzt zu kommen. Ich überquerte die Straße an der Ampel, wo just in dem Augenblick auch der Bus zum Halten kam, den ich zurück benötigte. Ich machte dem Fahrer ein Zeichen, dass ich noch mitfahren möchte. Doch der zeigte mir in Zeichensprache, dass dies eine Ampel und keine Haltestelle sei. Ich zeigte ihm mein traurigstes Gesicht und holte ein Taschentuch raus. Er fing an zu lachen, öffnete mir die mittlere Tür und ließ mich einsteigen.
Er hatte natürlich bemerkt, dass ich auch Probleme beim Gehen hatte und ließ die grüne Ampel wieder rot werden, damit ich einsteigen und mich in Ruhe hinsetzen konnte. Kein Auto dahinter hupte ungeduldig und der Fahrer fragte nur:
Na junge Frau, haben Sie den Bus verpasst?“
Und ich antwortete: „Nein, ich bin in den falschen Bus eingestiegen, einfach weil alle Leute , die an der Haltestelle standen, ebenfalls eingestiegen sind!“ – „Naja,“ meinte er dann, „ich bin ja ein Menschenfreund und Sie haben sich ja lange genug angestrengt für meine Rente etwas zu tun.“ Alle hörten das im Bus und fingen an zu klatschen. Er hob die Hand zum Dankeschön für den Applaus und ich setzte mich hin. Erst dann fuhren wir wirklich los. Ein klasse Typ, der Busfahrer oder?
An der Haltestelle der Linie 701 stieg ich aus und eine junge Frau ebenfalls. Ich winkte dem Busfahrer nochmal ein Dankeschön zu und ging zusammen mit der jungen Frau über die Straße.Sie fragte mich: „Ist jetzt alles wieder in Ordnung mit Ihnen!“ – „Ja, ja, alles okay. Das ist mir noch nie passiert.“ – „Mir schon,” antwortete sie, „aber keiner war dabei so nett wie unser Busfahrer.“ – „Den fand ich ganz toll,“ gab ich zurück. „Ich habe aber auch wirklich erst einmal etwas negatives hier in Düsseldorf bei einem Fahrer erlebt. Und der kam noch nicht mal aus Düsseldorf, sondern, wie er ganz stolz sagte, aus Neuss. Der hat für Neuss keine Werbung gemacht. Ansonsten sind hier alle sehr nett.“ Die Frau schaute mich etwas skeptisch an und meinte dann nur: „Ich bin erst seit drei Wochen hier. Mal sehen, ob Sie recht haben!“
Dann trennten wir uns lächelnd.
An diesem Tag hatte ich einfach dauernd nur nette Leute um mich herum. In der Straßenbahn machte man mir gleich Platz, weil ich so schnaufte und ein lachender alter Mann meinte: „Sie schnaufen wie eine Dampfwalze:“ Und ich gab zur Antwort: „Nein, ich puste wie ein Walroß!“ Und mehrere antworteten: „Wir auch! So ist das Leben! Wir werden nun mal älter und nicht jünger.“
Als ich schließlich beim Zahnarzt ankam, war ich kaum zu spät. Und dann… auch er hat mir nicht wehgetan und war sehr nett. Das war das Zweitbeste an diesem Tag.
Da soll mir nochmal einer sagen, dass alle Düsseldorfer sture, muffelige Leute sind. Oder große Angeber! Ich kenne keine!
Unsere Nachbarin sagte später dazu:
Da ham Se aber Glück gehabt!“
Nein, ich glaube an das Gute, und besonders zu diesen Zeiten, wo die ganze Welt in Unordnung und Aufruhr ist!