Nun, obgleich ich mich viele Tage gedrückt hatte, im Garten etwas zu tun, war ich jetzt soweit, mein Fotobuch sowie die Malerei Versuche ein bisschen auf die Seite zu legen. Das Wetter war zwar noch immer nicht perfekt, aber gut genug, um den Rasen zu streicheln.
Ich betete mal wieder zum Himmel, dass mir keiner bei der Arbeit zuschauen würde, weil Knochen, Rücken und das ewige Schwindelgefühl mich hindern würden, lässig und entspannt mal eben den Rasen zu mähen.
Ich holte den Rasenmäher raus, dazu die Gartentonne, einen Hocker, eine Harke und den Besen. Dann schob ich den Rasenmäher zum Rasen hin, um meine Pflicht zu erfüllen. Aber es ging nicht. Der Rasen war zwar schon sehr hoch, doch die Butterblumen und die Gänseblümchen schmückten den Rasen so schön, dass ich es nicht übers Herz brachte zu mähen. Es war die Wiese meiner Kindheit.
Ich setzte mich auf die Bank, sah die Azaleen in den vielen Farben blühen, eine nach der anderen versuchte , leuchtender zu strahlen als die nächste. Und dazwischen die Rhododendren, die in diesem Jahr besonders viele Knospen hatten und es nun kaum erwarten konnten, mich zu überraschen. Dann blickte ich rüber zu meinem Kräutergarten, bei dem mich nur die Petersilie enttäuscht hatte und nichts werden wollte. Am meisten prahlte der Sauerampfer, der so lecker ist für die grüne Soße und dem ganzen Gericht eine schöne Säure gibt.
Ich wollte gerade aufgeben zu mähen, da kam mir eine wundersame Idee:
Ich würde den Rasen mähen, jawohl, aber im Rasen eine Insel mit Gras stehen lassen, wo noch reichlich die kleinen Blümchen blühten. Dort, wo meine Bank und die Kinderliegen standen, sollte das sein. Vielleicht würde ich später noch einen kleinen Tisch hinstellen, damit es wie mein „Draußen Wohnzimmer“ aussehen würde.
Und noch einen Vorteil hätte das ganze neben dem Glück ein Stück Wiese zu erhalten: Der Rasen wäre nicht mehr ganz so groß!
Also nicht mehr lange überlegen und in die Tat umsetzen, damit die Bienen und Hummeln überall im Garten noch rum taumeln konnten.
Meine Arbeit war beendet, ich total erschossen und so musste ich mich erst einmal ausruhen. Natürlich war es die alte Bank, auf die ich mich setzte und dabei streckte ich meine Füße mitten hinein in die Gänseblümchen die Butterblumen und das hohe Gras.
Wenn man so alt ist wie ich, nach getaner Arbeit gefühlte Hundert, dann kann man sich wirklich noch freuen über solche kleinen Errungenschaften wie ein Stückchen Wiese, sprich meinen Kindheitserinnerungen. Außerdem würden jetzt Bienen und Hummeln ein Dankeslied summen, weil sie bei mir noch verwöhnt wurden.
Dann fiel mein Blick auf die Rasenkanten.
Die sollten doch ein bisschen besser abgeschnitten werden. Den Rasenmäher hatte ich nicht bis ins Beet hineingeschoben und so musste ich nun nacharbeiten. Erst setzte ich mich auf meinen Hocker, um die Kanten zu schneiden. Dabei verlor ich aber viel Puste, weil der Bauch zusammengequetscht wurde. Also ging ich auf die Knie und schob den Hocker in Richtung Taille, was mich gleich besser atmen ließ. Und so robbte ich Stück für Stück durch den Garten, bis ich zu einer Stelle kam, wo ich mich wieder aufrichten konnte, aber keiner gesehen hat, wie schwierig es war, mich wieder zu erheben. Geglückt!
Jetzt wollte ich nur noch versuchen, ganz lässig zur Wohnung zu gehen und den Rest wieder aufzuräumen auf später verschieben. Ich glaube, das schaffte ich erst am Abend, denn beim „Kurz mal wieder in den Sessel legen“ musste ich eingeschlafen sein.
Komisch, denn so viel Arbeit war das doch nicht!
