So ein Putztag in Haus und Garten ist sicherlich für viele langweilig und fad. Ich finde aber meist irgendetwas, was mir dabei Freude macht. Und ich denke, so sollte es sein: In allen Dingen, die man tut, noch etwas Schönes entdecken.
Gestern morgen habe ich zum Beispiel im Garten neben unserer Veranda eine kleine noch nicht fertig ausgewachsene Elster gefunden. Sie war vermutlich aus dem Nest gefallen und hatte noch nicht alle Federn dort, wo sie hingehörten. Als ich näher kam, versteckte sie sich unter der Tischdecke auf der Veranda. Sie hatte Angst. Und die konnte ich ihr auch den ganzen Tag nicht nehmen.
So stellte ich ihr Wasser hin, ein paar Haferflocken und Sonnenblumenkerne. Und immer wenn ich wegging, holte sie sich die Mahlzeit und pickte sie ganz schnell auf. Ich dachte:
Wenigstens hat sie Hunger und fühlt sich gut.”
Doch dann sah ich, dass sie humpelte und entdeckte, dass ihr linker Fuß in die falsche Richtung kippte, nämlich nach hinten. Und zum Schutze flüchtete sie immer wieder in die Ecke der Veranda, so dass ich ihr dort später ein kleines Nest baute. Inzwischen sah ich oft die Elster-Mama über uns kreisen und dann verschwand ich eiligst in der Hoffnung, dass sie ihr Kind holen oder anlocken würde. Aber sie kreiste und kreiste nur immer wieder und dann verschwand sie für den restlichen Tag. Möglicherweise musste sie die restliche Brut füttern.
Gegen Abend suchte sich die kleine Elster das Nest, das ich gebaut hatte und kuschelte sich hinein. Ich weiß nicht, wie viel Angst sie hatte. Ich jedenfalls fühlte plötzlich große Angst, weil eine Maus an mir vorbeilief, die ich nicht gesehen hatte und vor der mir auch wie schon früher grauste.
Von Zeit zu Zeit guckte ich nach der kleinen Elster, ohne dass sie mich sehen konnte und vergewisserte mich, dass sie noch in ihrem Nestchen saß. Auch am nächsten Morgen gegen sechs Uhr schaute ich wieder nach ihr, um ihr ein bisschen Fressen zu bringen. Und siehe da, sie war nicht mehr so verschreckt wie am ersten Tag. Ein paar Apfelschnitzen hatte ich dazu gelegt, Regenwürmer konnte ich keine finden. Aber es freute mich, dass sie an dem Apfel knabberte.
Sie humpelte dann die Veranda entlang und ich hatte das Gefühl, dass sie die Mama suchte. Und die erschien dann auch irgendwann und zog wie am vorherigen Tag ihre Kreise. Aber das Dummerchen von Elster zeigte sich ihr nicht und ich wollte sie nicht anfassen, da mir nicht klar war, ob die Mutter sie dann wieder annehmen würde.
Doch irgendwann brachte ich sie durch das Futter, das ich auf dem Rasen auslegte, dorthin wo sie besser gesehen werden konnte.
Kannst Du nicht endlich wiederkommen, damit Du Dein Kind holst,”
dachte ich mir in meiner Naivität. Und wirklich, in dem Augenblick schoss die Elster Mama runter auf den Rasen und breitete ihre wunderschönen blau, schwarz und weißen Flügel aus. Ich zog mich zurück, weil ich hoffte, die Mutter würde das Junge wieder retten.
Da für mich die Büsche zu hochgewachsen waren, konnte ich zunächst nichts sehen. Aber nach einer spannenden Weile hüpfte die kleine Elster auf die untersten Zweige der Tanne, die im Garten stand, dann auf den nächsthöheren Zweig und immer höher hinauf. “Gerettet”, dachte ich mir und fühlte mich sehr befreit.
Am späten Nachmittag waren Mama und Kind gemeinsam im Garten und sie flogen beide nicht hysterisch auf und davon, als ich auftauchte. Im Gegenteil, beide blieben nicht weit von mir entfernt und hüpften über den Rasen. Die Mama sehr elegant und das Kind im Stolperschritt. Doch ich glaube, die junge Elster wird lernen mit diesem Handicap das Leben zu bestehen –
Denn alles wird gut.
Photo by vishu vishuma on Unsplash