Frühling lässt sein blaues Band………..

In den letzten Tagen war das Wetter schön und ich fühlte mich bereit, endlich in den Garten zu gehen, um meine Hände mal wieder so richtig schmutzig machen zu können.

Ich liebe unseren kleinen Garten und kann nicht aufhören ihn zu gestalten. Geht es Ihnen genauso?

Wichtig ist mir, dass ich nicht unbedingt tausende von Blumen drin wachsen und blühen sehen muss. Mir genügt es, wenn er mir Heimeligkeit gibt. Dazu gehören viele Büsche, die ich beschneiden kann und wo die Vögel ihre Nester bauen möchten.

Der ganze Garten muss wie eine Umarmung sein, daher ist auch die Form des Rasens und der Büschen und kleinen Pflanzen zueinander sehr wichtig.

Gestern morgen also, ich hatte gerade alle meine Werkzeuge für den Garten parat gelegt, klingelt es an der Tür und dort stand Nicki, eine süsse Mami mit ihrem kleinen Sohn und wollte nur mal „Hallo” sagen, aber nicht ins Haus kommen, weil ihr Kind Scharlach hat.

Also öffnete ich die Küchenfenster unserer Erdgeschosswohnung , um ein bisschen zu klönschnacken (erkennen Sie meine Hamburger Wurzeln?) und zuckte zusammen. Auf unserer Fensterbank lag eine junge Maus.

Hysterisch schrie ich auf und hoffte – Gott sei Dank nicht vergeblich – dass sich sofort jemand aus unserem Wohnzimmer erhob, um nachzuschauen, was für eine furchtbare Geschichte mir zugestossen sei.

„Eine Maus, bitte wegräumen, sonst sterbe ich oder kriege einen Herzinfarkt oder muss spucken oder………..” Ich stammelte vor mich hin, während ich anfing, meine sich sträubenden Haare wieder zu glätten.

„Ach, was für ein süsses Mäuschen – oje, sie ist tot”, Klein David auf Mama Nickis Armen grinste fast und ich konnte seine Grübchen erkennen, was sicherlich hiess, dass er mich vermutlich urkomisch fand mit meinem Geschrei.

Irgend jemand erbarmte sich meiner und warf die Maus WEG.

Ich hatte eine schlechte Nacht und träumte von Mäusen und den Garten habe ich nicht betreten, weil ich erst einmal jede Menge Minze kaufen musste, um die Mäuse mit deren Geruch zu vertreiben. Hoffentlich.

Also, die Minze habe ich gekauft, sie – mich schüttelnd – im Erdgeschoss in den Blumenkasten gepflanzt, in der Hoffnung, dass keine Maus aus jenem gekrochen käme.

Dann stiefelte ich in den Garten und pflanzte entlang der Grundstücksgrenze zu unserer Nachbarin ebenfalls jede Menge Minze und Kamille.

Auf der Terrasse unsere Nachbarin haben letztes Jahr die Mäuse immer Party gemacht und es kam täglich mehr Verwandtschaft. Die ganze Meute entwickelte dort eine Kunst, den Käse und andere Leckereien kunstvoll aus den Mausefallen zu holen, ohne dass die Falle zuschnappte. Dieses erzählte mir unsere Nachbarin regelmässig genüsslich, während mir ein Schauer nach dem anderen über den Rücken lief.

Ich liebe keine Mäuse, trotz der Mickey Mouse Geschichten aus meiner Kindheit. Meine Geschichte mit Mäusen ist einfach keine Liebesgeschichte:

Denn – als wir nach dem Krieg zurück vom Land in die Stadt zogen, hatte unser Vater ein Haus für uns gebaut, das schief und bucklig, aber unser war.

Glücklich zogen wir 5 Kinder 1947 dort wieder ein. Kassel war sehr zerstört. Überall jede Menge Trümmer und Ruinen, viele Ratten und Mäuse und mein Vater hielt einen Hund, der sie alle verjagte.

Nicht alle. Denn eine Mäusefamilie machte es sich im unserem Schlafzimmer in der Matratze gemütlich. Meine Mutter konnte machen, was sie wollte. Die Mäuse verliessen nicht ihr gemütliches Quartier aus Stroh und Heu.

Meine Schwester, meine Zwillingsbrüder und ich schliefen vorübergehen in diesen Betten, die dicht nebeneinander standen. Es musste für alle anderen noch Raum geschaffen werden.

Nachts, wie bei Wilhelm Busch, so kamen nicht die Maikäfer, sondern die Mäuse aus ihren Nestern zu uns und fingen an über unsere Gesichter zu spazieren. Meine Schwester kreischte auf, ich folgte sofort und am Ende ertönte das Geschrei von uns allen Die Mäuse verschwanden zwar wieder für Augenblicke, um danach noch mehr rumzujagen. Nacht für Nacht das gleiche Theater, die gleichen Attacken.

Wir mochten kaum noch schlafen. Irgendwann konnte unsere eigentlich nicht auf Krawall gebürstete Mutter auch nicht mehr und sie dachte sich etwas anderes aus als nur Fallen zu stellen, die bei diesen Mäusen nicht zu wirken schienen.

Wir hatten einen langen Flur, wo die Mäuse ebenfalls tobten und nachts ihre Häufchen oder Ködel liegen liessen. Meine Mutter stellte dort 12 Schälchen auf mit Zuckerwasser und Schlafpulver. Das schien ihr mal eine erfolgreichere Möglichkeit statt der Fallen.

Und siehe da, am nächsten Morgen ihr Siegesschrei: „Es hat geklappt.” Wir Kinder kamen angerannt und sahen vor jedem Schälchen mit Schlafzuckerwasser ein oder mehrere Mäuschen liegen.

Ich heulte gleich hysterisch auf: „Sind die tot?”

„Nein”, sagte meine Mutter, ging zum Fenster, rief unserem Nennonkel Konrad zu: „Konrad, kommen Sie doch bitte mal rauf. Ich habe etwas für Sie!” Er kam und dann entsorgte er die Mäuschen, die meine Mutter mittlerweile auf eine Schaufel gekehrt hatte und liess Konrad walten. Wir Kinder beruhigten uns, weil sie nicht tot, aber endlich weg waren und meine wunderbare Mutter brauchte noch weitere 14 Tage, bis die ganze Mäusegesellschaft entnervt aufgab und nie wiederkam.

Ich frage Sie ernsthaft: „Sollte ich Mäuse lieben?” Ich spüre noch heute ihre Füsse und Schwänze in meinem Gesicht.

Mein Garten muss nun noch ein paar Tage warten bis die Minze richtig wirkt und ich auch die Maus vor dem Küchenfenster halbwegs vergessen habe.

Übrigens – Mögen Sie Mäuse?

Herzlichst

Heidi Jastram

 

PS. Aus meiner Biografie „Es ist nicht alles Streuselkuchen“.