„Du siehst im Augenblick so viele andere Maltechniken,“ meinte mein Mann, als ich eines Tages, während ich die Klinik-Galerie aufbaute, ihm erzählte, dass ich mit meinen eigenen Bildern irgendwie feststecke. „Bring doch erstmal alles in eine gute Ordnung“, meinte er dann. „Oder mach mal eine schöpferische Pause.“
Das Wort „Pause“ gefiel mir nicht in dem Zusammenhang, doch das Wort „Ordnung“ reizte. Ich ließ es sacken und vertraute meinem Unterbewusstsein. Das würde sicherlich ein bisschen weiterarbeiten als ich.
In der Zwischenzeit malte ich viele Schilder für alle unsere Aktivitäten im Krankenhaus und zwischendurch trafen wir Künstler, die uns ihre Arbeiten zeigten. Erstaunlich, wie viele Menschen malen, Studierte und Laien. Dazu hatten die meisten auch eine riesige Freude, wenn sie von ihrer Arbeit, nicht von ihrem Hobby, sprachen. „Ja,“ dachte ich immer wieder, „es stimmt, malen macht glücklich, auch wenn es uns oft genug zur Verzweiflung bringt, wenn ein Bild misslingt. Doch auch dann bringt es uns in eine andere Welt mit viel Farbe.“
Von einer Freundin kam die Anfrage, ob ich nicht ein paar Bilder in ihrem Café ausstellen wollte, sofern ich noch einige übrig hätte. Sie veranstaltete des öfteren kleine Nachmittage, wo man sich Kunsthandwerk und eben auch Bilder anschauen konnte.
Im Café
Ich besuchte das Café, begrüßte Maha, setzte mich an einen Tisch und während ich den Kaffee trank, ließ ich den Raum auf mich wirken. Der Raum war in warme Farben getaucht mit viel Atmosphäre und ich träumte fast ein bisschen vor mich hin. Und als ich später ging, war mir klar, dass meine augenblicklichen Bilder da überhaupt nicht reinpassten.
Trotzdem gefiel mir diese Aufgabe und ich begann mich nur mit den Farben ihres Cafés zu beschäftigen. Orange und gelb drängten sich mir auf, die ich eigentlich selten benutzt habe. Ich wurde doch aufgeregt, weil diese Aufgabe eigentlich keine war, ich sie aber sehr schnell zu meiner machte. „Ich werde einige Bilder nur für dieses kleine Café malen. Mal sehen, was dabei rauskommt.“ Ich schaute mir nochmal im Café die einzelnen größeren und kleineren Flächen an, wo man die Bilder aufhängen könnte und dann fing ich schon an zu skizzieren.
Es waren die Farben, die mich führten, nicht die Themen. Ich geriet in eine wunderbare kleine Schaffensphase und wollte kaum daraus erwachen. Ich malte und malte. Das hatte ich lange nicht mehr gespürt, weil alles, was ich in den Monaten dazwischen versuchte zu gestalten, nicht mehr mein Herz und den Pinsel schwingen ließ.Ich malte mehr Bilder als ich brauchte. Das war egal. So hatte ich eine Auswahl und auch vielleicht ein paar Bilder übrig, um später wieder malerisch daran anknüpfen zu können. Man kann sich wohl kaum dieses Glück vorstellen, wenn die Kreativität wieder da ist und die Palette vor Deiner Nase leuchtet. Es ist Musik in Dir und Gedichte aus alten Zeiten tauchen wieder auf — und mein lieber Mann war froh, dass er mich nicht mehr trösten musste.
In dieser Zeit, während ich malte, nahm er einige Termine mit Malern wahr, was ihn ebenso inspirierte.
Besonders Dieter Bonus, der meine Bilder so unerträglich fand, war sein Gesprächspartner, für den er eine kleine Biografie schreiben sollte für unsere Klinik-Galerie. Ein schwieriger Mann mit düsteren Gedanken. Mein Mann aber entlockte ihm viele Kindheitserinnerungen, aus denen man schließen konnte, wie hart und voller Entbehrungen seine Kindheit gleich nach dem 2. Weltkrieg gewesen war. Dafür fand mein Mann treffende Worte, durch die man die Bilder von Dieter viel besser verstehen konnte. Die Freundin seiner Frau war Käthe Kollwitz. die den Menschen in dieser Zeit den Spiegel vorhielt und ihn vermutlich sehr beeinflusste.
Dann endlich kam der Moment, wo einer unserer Söhne die Rahmen für meine Bilder baute und erst dann wählte ich aus. 7 Bilder hatte ich am Ende beisammen und als sie an den Wänden hingen, war ich wirklich sehr glücklich. Die Bilder passten dahin, als seien sie nie woanders gewesen.
Später wurden mir zwei Bilder aus dieser Phase gestohlen.
Ich gehe davon aus, dass dem Menschen, der sie gestohlen hat, die Bilder so gut gefielen wie mir… jedenfalls damals.
Da ich von allen Bildern ein Foto gemacht hatte, meinte eine meiner Freundinnen, dass ich die Bilder ja nachmalen könnte.
Das kann ich nicht. Ich kann das Gefühl dieses Momentes nicht wieder hochholen.
Doch jedes mal, wenn ich danach zu Maha ins Cafe ging, freute ich mich, meine Bilder erneut zu sehen. Das ist mir so nie wieder passiert.
Danke für diese Erfahrung!!
