Seit einiger Zeit bin ich dabei, meine Bilder aus der Zeit, in der ich auf Holz malte, zu sortieren. Mit diesen Bildern habe ich seinerzeit eine große Ausstellung in Litauen gemacht. Damals war ich sehr beeindruckt von diesem Land, weil es nach der rabiaten Zerstörungswut der Russen wieder anfing, heimlich die eigene Kultur zurück zu gewinnen. Ich sah, wie sie manches Kreuz aus dem Boden buddelten und glücklich waren, überhaupt noch etwas halbwegs Heiles zu finden.
Jetzt, wo ich die Bilder sortiere und die Fotos dazu ordne, bin ich das erste Mal dabei, auch die vielen Zeitungsausschnitte zu meiner Ausstellung aus der damaligen Zeit zu lesen, soweit sie ins Englische oder Deutsche für mich übersetzt worden waren. Und erst heute bin ich überrascht, wie sehr meine Arbeiten gewürdigt wurden, so dass sie nicht nur im Museum zu sehen waren, sondern auch in der Kunstakademie von kritischen Studenten besprochen und anerkannt wurden.
Mir war nicht bewusst, wie sehr man auch über meine Technik staunte, mit der ich die Bretter bemalte, aber immer viel Holz als „Naturfarbe“ stehen ließ. Wenn Euch bewusst ist, dass Holz ein Leben lang arbeitet, müsste man eigentlich meinen, dass früher oder später die Farbe abblättern würde. Ich habe über 2 Jahre an dieser Technik gearbeitet und dachte, ich müsste aufgeben, weil sich das Holz oft über mehr als einen Zentimeter zusammenzog oder so viel ausdehnte. Ich habe heute noch ein Bild bei mir zu Hause, an dem ich feststellen kann, dass die Farbe hält wie einst. Das Holz selbst ist etwas dunkler geworden, mehr nicht.
Über 40 Jahre lang habe ich Holz und Farbe nun schon besiegt.
Auch die Technik der Künstlerin ist beeindruckend auf Holz und man erinnert sich an Bilder und Ikonen, auf denen die Bulgaren, Russen und andere ebenso auf Holz ihre Bilder gestalteten, wenngleich auch nicht mit denselben Stilmitteln. Nur hin und wieder erscheinen auf den Bildern der Künstlerin kleine, ähnliche Dekorationen. Und in der Tat, die Technik ist dazu unglaublich geheimnisvoll für uns.“
Heute freut es mich, wenn ich das lese. Damals bewunderte ich nur die Standhaftigkeit dieses Volkes und wunderte mich, dass sie meine Bilder überhaupt ausstellen wollten.
Die Zeiten haben sich geändert und der Geschmack ebenso. Doch ich bin noch immer mit vielen dieser Bilder von der Aussage her ganz zufrieden. Für mich war es eine glückliche Zeit und ich habe mehr als 20 Jahre allein in Berlin ausgestellt. Das Holz und meine Bilder waren meine Zeit und was ich ausdrückte, war auch ich viele Jahre.
Auf Holz zu malen schien vielen befremdlich, vor allem, weil ich keine Gesichter malte. Mir kam es nur darauf an, im Bild selbst schlicht zu sein und das Wesentliche hervorzuholen:
Die Freude, die Liebe, die Wärme, die Trauer, die Gemeinschaft.
Aber Ihr könnt sicher sein, dass ich nicht bei so einem bisschen Lob von dem einen oder anderen vielleicht größenwahnsinnig geworden wäre. Oh nein. Viele meiner Kollegen hielten nicht mit Kritik zurück, wie schrecklich sie meine Bilder fanden. Besonders einer erklärte mir seine Eindrücke dazu:
Ich kann diese Bilder nur anschauen, wenn ich viele Drogen zu mir genommen habe und total bekifft bin!“
Ausgerechnet diesen Maler fand ich so toll und so besonders, dass ich mir mehrere Zeichnungen von ihm anschaffte. Er war das Gegenteil von meinen Arbeiten: Sehr kritisch in seinen Aussagen, denn er zeichnete Penner, Alte und Heruntergekommene. Aber sein Strich war großartig. Darum störte es mich nicht, was er zu meinen Arbeiten sagte, denn ich bewunderte ihn. Welche Ehre, dass er mich überhaupt wahrnahm. Außerdem waren unsere Bedürfnisse auch sehr unterschiedlich: Er wollte zeigen, wie viel Schlechtes und Unerträgliches es in dieser Welt gab.
Und ich wollte, dass wir das Schöne festhalten in dieser wilden Welt.
Ja, so wandern meine Gedanken von vorgestern ins Gestern und ins Heute und ich bin froh, dass ich so schöne Zeiten erlebt habe mit all meinen Lieben. Im Augenblick erfreut mich nichts so besonders, aber solche Zeiten wie in der Vergangenheit wird es auch wieder in der Zukunft geben. Das ist mein Glaube und darum sind auch meine Bilder nicht umsonst, die ich in jenen Tagen der achtziger und neunziger Jahre gemalt habe.
Liebe ist immer.
