Heute geht es weiter mit der Geschichte „am Ende der Welt. Hier geht es zum Anfang.
Die Geschichte begann damit, dass ich meinen Mann in einem Krankenhaus für eine Herzoperation abgelieferte. Die hochgelobte Klinik war in der Mitte vom Nirgendwo. Die erste Nacht quartierte ich mich im Dorf ein. Und besuchte dann meinen Mann am nächsten Morgen. Die OP hatte er ganz gut überstanden. Doch dann wurde ihm die falsche Medizin verabreicht!
Sie hingen meinen Mann an einen Tropf und nach einiger Zeit konnte er schon wieder lächeln.
Ich war nun wild entschlossen, mir ein Quartier vor Ort zu suchen, nämlich im Krankenhaus selber. Ich hatte das Glück, dass die Stationsschwester mir den Rat gab, Schwester Ronia zu suchen, die den ganzen Tag nichts anderes machte als durchs Haus zu gehen, um überall zu schauen, ob alles seine Ordnung hätte. Und ziemlich schnell erwischt und erkannt ich sie, denn ihr Name baumelte dicker am Kittel als bei den anderen Schwestern. Und als ich sie fragte, ob ich irgendwo im Hause schlafen dürfte, schlimmstenfalls auch auf einer Bank, zeigte sie mir ein freies Schwesternzimmer, in dem ich schlafen und mich aufhalten könnte. Ich war froh, diesen grauenhaften Heimweg nicht mehr gehen zu müssen.
Na, Heimweg war so wie so übertrieben, denn wo war das Heim?
Noch zwei Tage, so hatte man mir gesagt, sollte mein Mann im Hause bleiben, um zu sehen, ob das „Herzmaschinchen“ laufen würde.Und als am vierten Tag der Arzt kam, war ich frohen Mutes nun möglichst schnell diesen Ort des Grauens verlassen zu können. Inzwischen waren am Ende der Station drei Zimmer gesperrt worden, wo Personen lagen, die isoliert liegen mussten, da sie ansteckend waren. Mit welcher Erkrankung hat uns keiner gesagt. Auch das wirkte auf mich wie Bedrohung.
Nun endlich stand der Arzt vor dem Bett meines Mannes und ich sah ihn erwartungsvoll an. Er lächelte leicht und meinte zu meinem Mann:“Wir wollen Sie gerne noch ein paar Tage hier behalten. Die Aufnahmen Ihres Brustkorbes haben gezeigt, dass bei der schwierigen neuen Lage des Herzschrittmachers die Lunge verletzt wurde. Das ist nicht so schlimm wie es sich anhört und wir werden Sie zunächst erst einmal an das Sauerstoffgerät anschließen. Wahrscheinlich genügt das schon, um alles wieder in Ordnung zu bringen.“ Ich kochte, sagte aber nichts. Das irritierte den Arzt sehr und er fragte: „Soll ich Ihnen dazu noch etwas erklären?“ – „Fragen Sie das allen Ernstes?“, funkelte ich ihn an. „Keine Entschuldigung, keine weitere Erklärung und wo ist der operierende Arzt?“ – „Wieso, das wissen Sie doch. Der ist schon in den Urlaub gefahren! Und sein Partner gestern auch“ – „Das kann nicht sein und Sie werden verstehen, dass ich das nicht so stehen lassen kann. Ich möchte den ärztlichen Direktor sprechen.“
Der ärztliche Direktor war viel schneller da als erwartet.
Er gab mir sofort recht, was bisher im Hause abgelaufen sei, wäre nicht tragbar. Allerdings, für die Ärzte, die meinen Mann operiert hätten, trüge er keine Verantwortung, da sie das Krankenhaus nur nutzen würden und selbständig seien. Aber das Personal und insbesondere die jungen Ärzte, die er ins Haus bekäme, wären fast immer ausländische Mediziner ohne viele Deutschkenntnisse. Die werden kurz vorbereitet in der Sprache und dann ins kalte Wasser geschmissen. Deutsche Ärzte gäbe es kaum. Viele gingen ins Ausland, würden dort besser bezahlt als in Deutschland und müssten weniger arbeiten. „Wir haben hier wirklich ein Riesenproblem. Und dazu steht unser Krankenhaus auch noch am Ende der Welt, wo kaum einer hingehen will.“
„Die junge Ärztin, die Sie erlebt haben, ist seit 10 Tagen bei uns. Außer ein paar Brocken Deutsch kann sie noch nichts, müsste eigentlich überall im Hause erst gründlich eingeführt werden. Doch für alles ist nicht genug Zeit und Geld da. Vielleicht sollten sich viel mehr Menschen schriftlich bei den Krankenkassen beschweren, damit dort etwas auf dem Tisch liegt, was man lesen und nicht einfach ignorieren kann.“
Er tat mir leid und ich nahm mir vor, wirklich der Krankenkasse zu schreiben.
Man entschloss sich nach 5 Tagen Sauerstoffgabe und keiner Besserung nochmal zu operieren, um die Lunge abzudichten. Ich mache es kurz: Alles lief gut, mein Mann machte recht bald wieder einen guten Eindruck bis zu dem Augenblick, wo man ihm fälschlicherweise eine Tablette gab, auf die er allergisch reagierte und die ich auf dem Zettel stehen hatte als NICHT verträglich.
Wieder zusammengeklappt, wieder übergeben, wieder Schweißausbrüche, das ganze Programm. Nur die kleine Schwester vom letzten mal war zu erreichen und sie machte es großartig und umsichtig und schon nach kurzer Zeit nach Cortisongabe und mehr, fing mein Mann an wieder rosig zu werden. Der Doktor wischte sich nun selbst den Schweiß von der Stirne und gab mir einen kleinen Kasten.
„Mit Grüßen vom Chef“
meinte er. „In Ihren Händen sei das sicherer als in irgendeiner anderen Hand in diesem Hause.“ Ich klappte den kleinen Kasten auf. Darin lagen alle Pillen, einschließlich der Zeit- und Mengenangabe für die hoffentlich letzten 4 Tage meines Mannes in diesem Krankenhaus.
– Fortsetzung folgt –