Völlig verzweifelt stritten sie miteinander und konnten sich nicht verstehen. Dabei war es anfänglich so, dass sie keine Worte brauchten, um einander nahe zu sein. Seit einem Jahr waren Gitte und Henning verheiratet und täglich wurde ihr Drama größer. Wie sollte es erst einmal werden, wenn sie Kinder hätten? Und sie wünschten sich beide welche. Das war das einzige, was sie noch gemeinsam hatten.
Eigentlich wollte sie so sein, wie er sie gerne gehabt hätte. Aber sie spürte bald, dass das nicht möglich war. Sie würde verhungern. Und er wollte nicht so viel reden oder zerreden, wie er es nannte. Stattdessen zog er sich immer weiter zurück und es staute sich ein Zorn in ihm gegen sie auf. Er wusste aber eigentlich nicht warum, denn sie tat so viele Dinge um seinetwillen. Doch irgendwie wusste er, dass das nicht sie war, sondern er nahm es wie eine Verpflichtung wahr. Das machte ihn rasend, denn es zwang ihn, ihr dankbar zu sein. Das wollte er nicht. Er wollte nicht verpflichtet sein. Und sie wollte endlich auch sie selbst sein.
So geschah es denn eines Tages, dass sie in größter Einsicht feststellten, dass sie sich trennen sollten, damit jeder wirklich erst einmal sein ganz eigenes Leben führen konnte.
Manchmal saß Gitte vor einem Bild, welches ihre Tante gemalt hatte. Ein Paar, das über dem Boden schwebt. Die erlebte mit der Liebe des jungen Paares noch einmal ein Stück ihres eigenen Lebens. Sie sagte oft zu Gitte:
Halt es ganz fest, was Du da besitzt. Das ist ein Geschenk, diese Eure Liebe!“
Sie hatten es nicht geschafft und wurden geschieden.
Fast ein Jahr später trafen sie sich durch Zufall wieder. Wie oft hatte sie an ihn gedacht! Wie oft hatte er an sie gedacht!
Sie umarmten sich wie selbstverständlich und der alte Zauber der Liebe umgab sie wieder. Aber sie waren doch schon ein bisschen vorsichtiger. Sie beide erinnerten sich an die Tante, die gesagt hatte: „Ihr könnt nicht immer über der Erde schweben. Hin und wieder braucht Ihr den Kontakt zum Boden. Da ist das eigentliche Leben.“
Sie beide wurden später sehr glücklich, bekamen 3 Kinder und heirateten nach 40 Jahren Probezeit.
Ich sage doch immer: Alles wird gut!
