Raupen in die Tasche stopfen

Jule, meine Enkelin, kümmert sich im Augenblick dank Greta fast nur noch um ihre Familienmitglieder, die Bäume. Grüne Politik ist überall angesagt.

Jule geht in den Garten, umarmt die Bäume und freut sich unbeschwert ihres Lebens. Ich wiederum habe mir vorgenommen ein bisschen aus meiner Kindheit zu erzählen. Jule fragt wirklich so oft danach, um heraus zu finden wie cool wir gewesen seien und lacht sich schier kaputt, wenn ich ihr erzähle, dass man uns in ihrem Alter „Backfisch“ genannt hat. „Oh, Ihr Armen, das ist ja total uncool. Das ist crazy.“

Oder als wir noch etwas jünger waren als sie, erzähle ich, mussten wir die Trümmerfelder freiräumen, in dem wir die heilen Steine auf der einen und die zerbrochen Steine auf der anderen Seite stapeln sollten. Man konnte alles gebrauchen oder auch tauschen, was der Krieg übrig gelassen hatte. Auch Steine. Oft schickten uns die Eltern zum Güterbahnhof, dass wir schauen sollten, ob da Kohlen liegen würden und Brikett, um unseren ewig hungrigen Ofen damit zu füttern, wenn es besonders kalt war. Wir kamen meist dreckig wie die Schornsteinfeger nach Hause, manchmal auch nur mit ein bisschen Holz.

Oder weil wir alle Hunger hatten und es noch nicht so viel zu essen gab, was nichts kostete, schickte man uns auf die Kartoffelfelder, wo wir nachsuchen sollten, ob die eine oder andere Kartoffel noch zu finden war, die der Bauer und seine Maschine nicht gefunden hatte. Jules Kommentar:

Oh, witzig! Das ist ja wie im Sandkasten spielen.“

Oder die Mohnfelder, die gerade abgemäht waren, warfen viele Kapseln zur Seite , so dass die von uns gesammelt werden konnten, damit unsere Mutter mal einen Mohnkuchen backte. Ein Freund von uns erzählte, er wurde immer in den großen Gemüsegarten geschickt ,wo er die Raupen vom Kohlgemüse absammeln musste. Schon damals gab es die Raupe Nimmersatt. Und da er nicht wusste, wohin mit den Raupen, weil es so viele waren, steckte er sie in seine Jacken- und Hosentaschen, wo seine Mutter den Matsch rausholen musste.

„Igitt,“ lacht Jule, läuft singend aus der Tür, raus in den Garten, umarmt den Baum, lacht noch immer, blickt zum Baum hoch und meint: „Nun erzähl mal was aus Deiner Kindheit.“

Und eigentlich bin ich froh, dass sie noch so unbeschwert sein darf.