Richtige Entscheidung, falscher Finger: Das Klassentreffen, das fast anders lief

Frau Beumer, die Mutter von Sven und Jan, war gerade dabei, das Mittagessen vorzubereiten, als die beiden Jungs kamen, um ihr zu erzählen, dass sie demnächst bei sich zu Hause ein Klassentreffen veranstalten wollten. Seit fünf Jahren waren sie nun schon auf dem Gymnasium und einige, die mit der zehnten Klasse abgehen wollten, sollten verabschiedet werden.

Die Klasse war nach anfänglichen Schwierigkeiten zu einer guten Gemeinschaft zusammen gewachsen und nur zwei Jungs aus der alten Truppe rieben sich ständig an Sven und Jan, die oft niedergeschlagen aus der Schule kamen, weil die anderen beiden, die Zwillinge waren, sie ständig ärgerten. Sie stahlen ihnen Schulhefte, so dass sie dem Lehrer nicht beweisen konnten, ihre Hausarbeiten gemacht zu haben. Sie beklecksten Aufsätze von ihnen und vieles mehr. Doch wenn man fragte, wer das gewesen war, konnten sie nie antworten, weil es nicht zu beweisen war. Einmal beschmierten sie die Turnschuhe der beiden Jungs, die wütend nach Hause kamen, um Mutter oder Vater zu zeigen, dass sie es nicht gewesen waren, weil sie viel zu glücklich waren, dass sie Turnschuhe bekommen hatten. Und der Ärger hörte nicht auf, sodass Sven und Jan beschlossen, den Zwillingen nichts zu sagen, dass sie alle noch einmal ein Treffen verabredet hatten, um Abschied voneinander zu nehmen.

Ja, vermutlich würde man sich erst einmal lange nicht mehr sehen, denn die einen wollten schon einen Beruf erlernen und andere Professor oder was anderes verrücktes werden, wie sie sagten.

Der Nachmittag kam und es wurde ein lustiges Wiedersehen. Einige hatten sich schon etwas ausgedacht, was sie als Erinnerung weitergeben wollten, die Mädchen brachten Essen mit wie Frikadellen, Brot und Brötchen, Obst und selbstgebackenen Kuchen und alles wurde mit Geräusch und Freude begutachtet. Frau Beumer ließ die Schüler alleine und freute sich mit ihnen über den gelungenen Einstieg für dieses Abschiednehmen. Der lange Tisch im Garten war zusammengestellt durch mehrere kleine, die zusammen passten und die Mutter hatte ihnen eine riesige Tischdecke gegeben, damit der Tisch wie eine lange Tafel aussehen sollte. Die Stühle waren wild zusammen gewürfelt aus Keller, Garage und Küche geholt worden, bis endlich jeder einen Platz hatte. Perfektion war nicht gefragt, nur fröhliches Zusammensein.

Die ersten fingen schon an, Geschichten vorzulesen aus alten Zeiten, andere hatten Fotos mitgebracht von den vielen kleinen Klassenreisen. Und die Mädchen bemerkten, wie schön es sei, dass die Zwillinge nicht dabei wären.

Da klingelte es an der Tür und Frau Beumer öffnete. Vor ihr standen die Zwillinge und sie erkannte sie sofort, auch wenn sie ja mittlerweile sechzehn Jahre alt waren und nicht mehr die kleinen, süßen Zwillinge, die man ständig verwechselt hatte.

Frau Beumer fing sich sehr schnell und sagte zu den beiden: „Tut mir leid, wir kaufen keine Zeitungen an der Tür.“ Ihr fiel nichts besseres ein in diesem Augenblick. Dann schloss sie die Türe geschwind, um nicht in ein Gespräch verwickelt zu werden. Sie blieb aber noch dahinter und atmete tief durch, fühlte sich schlecht, konnte sich jedoch im gleichen Augenblick an viele Momente erinnern, durch die ihre Kinder so oft ganz unglücklich gewesen waren und damit auch Ärger mit den Lehrern bekamen. Dann sah sie durch den Spion in der Türe, dass die beiden eine Augenblick unschlüssig waren, ob sie nochmal klingeln sollten oder nicht. Da hob aber der eine der Zwillinge den Stinkefinger hoch in Richtung Türe und so wusste die Mutter, dass ihre Entscheidung, die beiden nicht hereingelassen zu haben, richtig war.

Manchmal ist auch eine falsche Entscheidung richtig, damit Erinnerung schön bleibt wie dieser Nachmittag für den Rest der Klasse. 

Die Mutter erzählte den Schülern auch nichts von der Begegnung mit den Zwillingen nach dem Motto:

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“.

Alles ist gut, manchmal auch eine falsche Entscheidung.