Die Mutter lebt in den Sagen und Geschichten ihrer Tochter weiter

Henri saß vor seinem Haus auf der Steintreppe und dachte lange über seine Tochter nach. Seine Frau starb, da war Sybilla 6 Jahre und seitdem lebten die beiden allein. Ihr Bekanntenkreis war nicht riesengroß und erst als Sybilla so an die 13 bis  14 Jahre alt war, sie lebendig und hübsch wurde, füllte sich das Haus mit vielen jungen Leuten.

Sybillas Mutter war Isländerin und neigte zum vielen Geschichten erzählen, Gnomen, Trollen und anderen Geistern und das tat Sybilla nun auch. Oft spukte sie mit anderen Mädchen rum, zeichnete engelsgleiche Wesen an den Himmel und träumte sich in die Zeit, als ihre Mutter noch auf Island lebte und Träume erfand.

Henri machte sich nun gerade in der letzten Zeit viele Gedanken um seine Tochter, jetzt, da sie 17 Jahre alt war. Sie war inzwischen ein sehr besonderes Mädchen geworden und besaß die Mischung aus beiden Elternteilen. Doch wenn sie in den Geist ihrer Mutter glitt, entfernte sie sich so sehr von ihrem Vater, dass er kaum noch Kontakt zu ihr hatte. Das machte ihm Angst, doch Sybilla, die das spürte, tröstete ihn und meinte verträumt: „Mama ist nicht tot. Nur auf einer anderen Ebene.“ Und ehe er richtig erschrecken konnte, sang sie fröhlich irgendeine Melodie und er war wieder getröstet.

Und in Gedanken sah er sie tanzend mit Gnomen und Elfen.

Dann lernte Sybilla einen jungen Mann kennen und sie fing an stiller zu werden. Sie genoss die Momente mit ihm, es machte sie glücklich, doch es war ein leises Glück. Und erst als er sein Ingenieurstudium hinter sich gebracht hatte, fragte er, der 27 jährige die junge Sybilla, ob sie seine Freundin werden wollte.

Selig wanderten sie durch Zeiten und Räume und erdachten sich das große Glück. Vor allem aber lernten sie sich erst jetzt wirklich kennen und es gefiel ihnen immer besser, was sie sahen.

Henri wusste, was jetzt auf ihn zukommen würde. Seine Tochter würde ihn verlassen. Und sie erzählte ihm endlich von ihrem Glück. „Bist Du nicht noch ein bisschen zu jung?“, fragte er und wusste im gleichen Moment ihre Antwort.

Nein, ich bin schon erwachsen genug, um das Leben zu meistern und zu lieben. Wie Mami und Du! Ich werde Geschichtenerzählerin und den Menschen Geheimnisse verraten, auf dass sie genauso anfangen zu träumen wie wir, um die Welt wieder schöner zu machen!“

Ihr Vater sorgte sich, wann und ob sie aufwachen würde, um dann die wahre Welt zu sehen. Die beiden jungen Leute aber sahen die Wirklichkeit, doch ihre Vision war stärker. Und es machte sie sehr glücklich weiterzugeben, an was sie glaubten. Es war schon fast ergreifend, dachte der Vater, wie sehr die beiden jungen Menschen sich ergänzten: Er der träumende Realist und sie die realistisch Träumende.

Sie bauten auf dem Lande einen großen Kindergarten auf und hatten Erfolg. Sie brachte die Menschenkinder zum Träumen und er zeigte ihnen die Wirklichkeit. Sie schrieb Geschichten und Sagen, alles, was ihr von der Mutter geblieben war, und die Kinder liebten es ihr zuzuhören oder die Geschichten umzusetzen in Bilder. Manchmal spielten sie auch all diese Geschichten. Das brachte viel Spaß und die vielen Kinder wurden mutiger, lebendiger und offener. Sie hatten keine Angst anderen von ihren Träumen zu erzählen und so wanderte das Wort in die Tat und die Tat hin zu wundervollen Ergebnissen.

Und wenn Ihr wollt, wenn Ihr mutig seid, wenn Ihr daran glaubt, schließt Euch an an dieses Kinderhaus und baut eine realistische Traumwelt daraus, so wie es Sybilla, die halbe Isländerin und ihr bester Freund und Ehemann es begonnen haben.

Henri, der Vater, konnte sich dieser Strahlkraft auch nicht länger entziehen und so entstand die erneuerte Welt, an der  nun weiter gebaut wird.

Nicht aufhören damit.

Alles wird gut.