Unfreiwilliges Fasten

Die Geschichte „Am Ende der Welt“ ist noch lange nicht vorbei! Hier geht es zum Anfang.

Es fing damit an, dass ich meinen Mann in einem Krankenhaus für eine Herzoperation abgelieferte. Die hochgelobte Klinik war in der Mitte vom Nirgendwo, wo ich auch übernachtete. Die OP hat er ganz gut überstanden, aber dann kam ein Desaster nach dem anderen: Eine falsche Medizin wurde verabreicht, eine Verletzung der Lunge erforderte eine zweite OP, und dann wurde noch mal ein falsches Medikament verabreicht! Wie es wohl weiter geht?

Der Nachbar meines Mannes hatte in den ganzen Tagen kaum ein Wort gesprochen. Seit mein Mann den letzten Kollaps hatte und das Krankenzimmer wie ein Hühnerstall benutzt wurde, trug er Hörgeräte. Ich glaube, es waren die größten Hörgeräte, die ich je sah und auch die größten Ohren. Die Schläuche waren schon quittegelb. Ich weiß nicht, wie alt die waren. Ich würde sagen schwer antik. Mir war auch nicht klar, wie viel er wirklich mit diesen Schnecken im Ohr hören konnte.

Er riss den Kopf ständig hin und her, um, so sah es aus, Worte wie Bälle aufzufangen oder ein Tennisspiel zu verfolgen. Ich nahm mir vor, ihn endlich, wenn alle wieder zur Ruhe gekommen wären, aufzuklären und zu erzählen, was er verpasst hatte.

„Bin ich denn noch sicher in diesem Krankenhaus, wenn Ihr Mann und Sie weg sind?“

„Bestimmt, denn von nun an wird alles besser, Sie werden sehen.“ – „Naja, ich wundere mich, dass ich nichts zu essen bekomme. Ist doch komisch oder?“ – „Sie kriegen doch bestimmt etwas, Sie haben es vielleicht nur vergessen.“ – „Nein, nein, das wüsste ich aber. Ich habe dauernd riesengroßen Hunger. Und wenn ich auf meinen großen Wecker schaue, dann habe ich heute um 12 Uhr auch noch nichts bekommen…“

Machen wir es kurz. Unser Nachbar hat in der Tat nicht viel zu essen bekommen, denn er schlief oft, wenn das Essen kam, die Schwestern stellten ihm das Mahl auf seinen Tisch, doch sie weckten ihn vermutlich nicht. Und als die Zeit des Abräumens gekommen war, räumten sie sein Essen ab. Und er? Hatte es verschlafen. Und das war scheinbar nicht nur einmal passiert. Aber wie soll sich das Personal teilen? Was sollen sie zuerst tun, was als letztes? Und der arme Leiter der Klinik! Wo soll er überall zur gleichen Zeit sein?

Wir packten am 14. Tag wirklich und wahrhaftig unsere sieben Sachen zusammen, um abzureisen. Wir konnten unser Glück kaum fassen, als der Krankentransporter vor der Tür stand und auf uns wartete. Und der Chef des Hauses.

„Es tut mir leid,“ sagte er zu mir und ich wusste, er meinte es auch so. Ihm war einmal mehr bewusst, dass er mit dem Rücken zur Wand stand. Ich wünschte ihm Glück und versprach, dass ich darüber berichten würde. Auch bei den Politikern würde ich es versuchen..

Wir stiegen ein ins Auto und dann ging es endlich in Richtung Heimat. Die lange einsame Straße ließen wir wieder hinter uns und allmählich öffnete sich sogar der Himmel und ein kleines bisschen Blau zeigte sich.

Als wir endlich wieder H. erreichten, seufzten wir glücklich, als wir sahen, dass es nicht nur unsere Straße, unser Haus und unsere Wohnung noch gab, sondern auch noch Post, die unsere Nachbarin sorgsam aufgestapelt auf den Tisch gelegt hatte.

Nachdem wir tagelang ausgiebig gegammelt hatten, begann ich ein Gespräch mit meinem Mann über Leben und Sterben.

Ich erzählte ihm, dass ich während des Krankenhausaufenthaltes mein Herz so oft im Hals spürte, weil ich überhaupt nicht wusste, was geschehen sollte, wenn er sterben würde. „Willst Du ein richtiges Grab, willst Du eine Patientenverfügung, willst Du verbrannt werden?“, und vieles mehr. Wir hatten nie darüber gesprochen. Aber diese vielen Ereignisse im Krankenhaus gaben mir einen kräftigen Schubs, dieses Thema unbedingt aufzunehmen.

Er lachte und meinte, dass dies eine gute Idee sei. „Wir spazieren jetzt mal über alle Friedhöfe, die es hier gibt und suchen uns dann einen aus, wo wir später – natürlich viel, viel später – liegen wollen.

„He, meine liebe Frau. Das wird ein neues Abenteuer. Zwar geht es auch hier noch um Leben und Tod, aber selbstbestimmter. Und vielleicht treffen wir ja hier und da ein Gespenst. Mit denen wollte ich schon lange mal reden.“

– Fortsetzung folgt –

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