Urlaub im Garten!

Es ist Ferienzeit und jeder versucht sich ein Stückchen Urlaub zu nehmen, die meisten in Deutschland, denn Corona ist überall. Und da ist vermutlich Deutschland vertraut genug, um hier mit den Verboten besser klar zu kommen als im Ausland.

Ich freue mich, dass ich einen kleinen Garten habe. Darum muss ich nicht wegfahren, um Urlaub zu machen. Erstens, weil ich fast 100 Jahre bin und zweitens, weil ich vor nichts mehr viel Angst habe. (Außer vor dem Krieg.)

Wie zutraulich sind die Amseln im Augenblick. Sie baden im flachen Becken und wenn ich näher komme, halten sie einen kleinen Augenblick inne, ehe sie fröhlich weiter planschen. Ich liebe besonders die Männchen mit ihren orangefarbenen Schnäbeln und dem gleichfarbigen Ring um die Augen. Sie wirken so natürlich elegant, als tragen sie einen Frack. Doch die Weibchen sind auch hübsch mit ihrem auf dem Bauch getupften Gefieder. Halt wie eine liebe Mama. Und anfänglich sehen auch die Kinder alle genauso aus wie sie, ehe die Jungs halbstark und dann so werden wie ihr Papa, um unverdienterweise auch die schönen orangen Farben zu bekommen.

Ich liebe die Amseln in unserem Garten, denn sie waren für mich eigentlich immer da, vertraut aus der Kindheit. Nur manchmal, wenn ein Virus bei ihnen zuschlug, hatten wir keine Amseln mehr im Garten und ich war froh, wenn die ersten wieder auftauchten und morgens oder abends losträllerten.

Wenn ich durch den Garten laufe, ziehe ich regelmäßig meine Brille auf die Nase, weil ich so viele Vögel habe, die ständig am Boden nach Würmern, Insekten und Spinnen oder Samen suchen. Da ist das Rotkehlchen, das auch nahe bei uns Menschen sucht, was es zu futtern kriegen kann. Und wenn es zur Zeit keine Würmer wegen der Trockenheit findet, so freut es sich über ein paar Haferflocken oder Nüsse.

Dann ist da noch die Braunelle, die manches mal daher huscht wie eine Maus und zuckt dabei immerzu mit Schwanz und Flügeln, als sei sie ängstlich oder nervös. Anfangs dachte ich immer, das sei ein Sperling.

Aber es ist nur eine einfache und doch so wunderbare Braunelle.

Und  auch der Zaunkönig sucht am Boden, so dass ich wirklich meine Not habe bei all den kriechenden Vögeln, nicht auf sie zu treten.

Das Rotkehlchen kam während der Brutzeit oft zu mir an den Tisch und holte sich zusätzlich Futter, was es schneller finden konnte als Würmer in diesem heißen und trockenen Frühsommer. Später brachte es seine vier Kinder mit, die lernten sehr schnell auf den Teller zu fliegen, um dort die Nüsse zu futtern. Jetzt ist die Brut schon erwachsen und jeder entscheidet selbst, wo er wohnen will.

Der Zaunkönig fliegt oft auf die höchsten Tannenspitzen in unserem Garten und dort singt er so laut und schön, dass sogar ich ihn hören kann. Das will was heißen, denn ich bin ziemlich schwerhörig. Der Zaunkönig ist so winzig und hat einen gestelzten Schwanz, das heißt, der steht immer nach oben. Übrigens sucht das Männchen zur Brutzeit mehrere Nester und beginnt mit dem Bau, überlässt aber seiner Herzensdame die Auswahl und die beginnt dann auch das von ihr ausgesuchte Nest zu polstern und warm zu machen.

Alle diese Pieper in unserem Garten lieben das Unterholz und auch Gestrüpp, so dass wir manches davon im Garten stehen lassen, damit sie es sich dort  gemütlich machen können.

Zwischendrein kommen dann die Eichhörnchen und holen sich ebenso Wasser und auch Nüsse, so dass sie sich im Augenblick nicht in die Quere kommen. Die lieben ja Vogelnester. Aber unsere Mamas passen auf und manchmal hören wir das Gezeter  wie seinerzeit mit dem Eichelhäher.

Aber wo nur sind in diesem Jahr die Meisen?

Ich habe bisher keine Meisen gesehen und ich hoffe nicht, dass sie zu den aussterbenden Vögeln dieser letzten zwei heißen Sommer gehören.

Und auch die vielen Insekten sind kaum noch zu finden. Ich wurde noch nie so wenig gestochen wie in diesem Jahr. Das will etwas heißen, denn normalerweise setzen sich alle gerne neben mich, weil sie dann nicht gestochen werden. Nur ich!

Ich habe extra noch einen Teich im Garten, den ich wieder frisch gefüllt habe. Ich hatte gehofft, dass sich dort erneut viele Libellen treffen würden. Aber es waren vorübergehend höchstens drei da. Sie sahen nicht so schillernd aus, sondern eher leicht unterernährt und so gar nicht angriffslustig wie in manch anderem Jahr.

Und heute morgen habe ich eine tote Eidechse am Wasserrand entdeckt und konnte mich fast nicht freuen über die elfte oder zwölfte Seerose, die eigentlich so wunderschön ist in ihrem leuchtenden Weiß und den intensiv gelben Staubgefäßen.

Im Augenblick dümpeln nur noch ein paar schlappe Kaulquappen im Teich. Und eine weitere sehr lebendige, aber scheue Eidechse guckt von Zeit zu Zeit ein bisschen aus dem Wasser. Die sieht aus wie Nessie, weil man nur den Kopf sehen kann. Eigentlich mehr ahnen als sehen!

Hallo, Du kleiner Feigling!“