Wir haben verloren, aber eigentlich auch gewonnen

Nach 14 Jahren bauten wir das letzte Mal unsere Klinik-Galerie um und auch der letzte Herbstmarkt folgte. 

Wir hatten unseren Kampf um unser Krankenhaus verloren. Es gab keinen Weg mehr zurück. Am anderen Haus konnte besser angebaut werden, der Parkplatz war erheblich größer und die Anbindung an den Tagesverkehr geradezu ideal. War das auch so?

Warum hatten sie das nicht gleich gesagt? Oder uns die Baupläne gezeigt?

Wir wussten nur, dass unser Haus in jedem Falle viel solider gebaut war. Das war die Einschätzung der Fachleute und Architekten.

Und es gab auch genügend Grundstücksfläche für weitere Anbauten. Also was sprach gegen unser Haus?

Es gab nie eine Antwort!

Der Oberbürgermeister hätte sich erklären müssen, als wir in Begleitung der Polizei demonstrierend zum Rathaus gingen, um ihm die 36.000 Unterschriften unserer Bürger mitzubringen, die zwei Personen tragen mussten. So schwer waren die Zettel und so schwer wog auch das Wort des Bürgermeisters, wie wir einst dachten. Aber obgleich wir angemeldet waren, ließ er sich verleumden!

Die Gesundheitssenatorin hätte etwas erklären können, aber sie hatte wohl keine Antwort, weil sie sich sonst hätte rechtfertigen müssen, warum die Notambulanz kurz zuvor noch für viel Geld bei uns im Krankenhaus eingebaut wurde.

Vorm Rathaus begruben wir am Ende vor Presse und Fernsehen unseren Traum von Demokratie, Gerechtigkeit und Offenheit, indem wir das Spruchband unseres Bürgermeisters “immer ein offenen Ohr für den Bürger“ auf den Boden warfen und unsere Rosen obendrauf legten.

Das wars.

Trotzdem waren alle froh, dass wir das bis zum bitteren Ende hinter uns gebracht hatten. Wir gaben nicht auf, wir waren begeistert dabei, wir hielten zusammen und wir waren überzeugt für das Richtige zu kämpfen, denn die Geldausgabe der Notambulanz wog in unseren Augen schwer. Mehr als eine Million DM waren das, damals in den Neunzigern viel Geld.

Das Geld liegt jedenfalls nicht auf der Strasse und unsere Senatoren sollten eigentlich unsere Vertreter sein: erst denken, dann handeln, dann Geld ausgeben.

Was wäre, wenn wir Bürger das Geld so unbedacht rausschmeißen würden? Und dann keine Steuern zahlen, weil das Geld mal so eben aus Versehen anders ausgegeben wurde?

Der letzte Herbstmarkt war größer denn je, die Klinik-Galerie bestens besetzt mit guten Leuten. Tolle Fotografien aus Afrika von Lia Anita Metzger, dazu mit einigen Artikeln aus der Namibia-Zeitung von ihr, Uli Wischnewski, unsere abstrakte Malerin mit lyrischen Ansetzen, Hans-Heinrich Borchard, dessen Bilder noch kurz davor in Worpswede gezeigt wurden, Susanne Weiss mit wunderschönen Zeichnungen, Ursula Mohr, die mit mir zusammen das Frühchen Grab entworfen und dann gebaut hat und viele mehr.

Auch die Stände für den Herbstmarkt waren bis zum letzten Platz weiterhin besetzt mit Handwerkern und Künstlern, nichts made in China oder Taiwan.

Leute wie Manuela Hempel mit eigenen Tiffanyarbeiten schon in 3 Generation, Ingrid Schubert mit schwedischer Keramik aus eigener Werkstatt, Anne Kopp mit eigenen Vogelhäusern aus der Werkstatt ihres Mannes und viele andere mehr.

Wir haben Menschen kennengelernt, die mit Herzblut gekämpft haben: „Rettet Eure Krankenhausbetten“.

Wir haben Künstler und Handwerker erlebt, die begeistert unser Anliegen mitgetragen haben und Mitarbeiter, um die wir alle beneidet wurden.

So etwas gibt es kein zweites Mal, denn es ist kein Streik gewesen,wo man die Arbeit niederlegt und mehr Lohn fordert, sondern ein Kampf um Ideale und Gerechtigkeit. Und das ist Arbeit und Verzicht für ein gutes Ziel.

Wir haben verloren, aber eigentlich auch gewonnen!!! 

Und — Wir würden es wieder tun!