Wo ist der treue Besucher?

Heute muss ich mal wieder unbedingt von unserem jungen neuen Eichhörnchen erzählen. Seit Wochen war es fast das einzige Tierchen, das mir die Treue gehalten hat, weil ich nicht mehr fütterte. Trotzdem kam  das Kleine jeden Tag und sprang vom Gartentisch nach oben auf den hängenden Futterkorb und täglich war es enttäuscht, weil nichts im Korb lag. Aber vor ein paar Tagen legte ich dort wieder ein bisschen Futter aus, weil ich Sehnsucht nach all meinen Vögeln und weiteren Eichhörnchen hatte. Mein Eichhörnchen kam, sprang auf den Korb und erstarrte. Minutenlang. Dann fing es an zu hopsen in dem kleinen Futterkorb, so dass ich schon fast dachte, der Korb würde runterfallen, denn noch nie hatte er solch eine heftige Prüfung ertragen müssen wie just mit unseren kleinen Eichhörnchen.

Dann fing es an zu futtern und schon nach ganz kurzer Zeit war alles weggeputzt. Es untersuchte noch jede kleine Ritze, ob sich dort etwas versteckt hatte und sprang dann raus auf den Tisch, um zu schauen, ob es da  noch den einen oder anderen kleinen Rest gab. Wie jeden Tag, auch ohne Fressen, sprang es dann vom Tisch und lief zur Tränke, um reichlich davon zu schlabbern, ehe es wieder, auch wie an all den anderen Tagen, davon lief. Das war ein schönes Erlebnis und drum legte ich weiter täglich ein bisschen Futter aus. Gegen Mittag, wie immer, kam unser Hörnchen, sprang auf den Tisch, dann auf den Teller und es hopste wie am vergangenen Tag, ehe es sich dem Fressen der wenigen Körner hingab. Anschließend wurde das Wasser wieder geschlabbert wie zuvor und düste dann davon. Nach drei weiteren Tagen, wo immer das gleiche geschah, holte ich unser kleines Nachbarmädchen zu mir und sagte: „Schau mal, jeden Tag um die gleiche Zeit kommt das Eichhörnchen zu uns und frisst, springt dann zum Wasser und trinkt, ehe es davonläuft. Willst du Dir das mal anschauen?“

Oh, ja, das will ich sehen,“

meinte sie eifrig und setzte sich neben mich, um zu warten.  Keinen Moment zu spät. Wir saßen an der Ecke unserer Schiebetür, weit genug weg vom Hörnchen und doch nahe genug, um alles gut genug zu beobachten. Einen Augenblick zögerte es, weil irgendetwas anders war. Ja, richtig, meine kleine Nachbarin saß neben mir und das hatte das Eichhörnchen bemerkt. Aber weil es bei mir noch nie etwas böses erlebt hatte, zögerte es nur kurz und dann nahm es wieder den gleichen Weg hin zum Tisch, vom Tisch hinauf in den Korb, ein bisschen Gehopse im Körbchen, dann wurde gefressen, kontrolliert, ob das Futters wirklich alle war und eilig gings wieder zur Tränke, doch wie immer ohne Furcht. Anschließend düste das Eichhörnchen wieder davon.

Am nächsten Tag um die gleiche Zeit stand Annella, das Nachbarmädchen, wieder bei mir vor der Tür und fragte, ob es dem Eichhörnchen zuschauen könnte wie es springen, suchen und alle Dinge tun würde wie am Tag zuvor. Und so geschah es. Jeden Tag! Und jeden Tag schaute unsere Annella auf das Eichhörnchen und betrachtete das ganze Spiel täglich wie ein Wunder. Ich auch!

Und dann kam der Tag, wo das Eichhörnchen verschwand.

Ich weiß nicht, wohin es ging, aber ich hoffe, dass es nächstes Jahr wiederkommt.

Annella war untröstlich und noch wochenlang fragte sie nach unserem Hörnchen.