Saskia saß vor der Haustüre und wartete auf ihre Eltern. Sie wollten zusammen in die Stadt gehen.
Als es ihr zu lange dauerte, begann sie sich das Umfeld näher anzusehen. Sie wohnten erst seit ein paar Tagen in ihrem neuen Haus und wollten noch die Umgebung kennenlernen. Sie blickte auf die gegenüberliegende Seite und sah die Wiese mit ihrem kräftigen grünen Gras. Sie schaute auf die Straße und als kein Auto kam, rannte sie hinüber, um auf der Wiese ein paar Purzelbäume zu schlagen. “Das kann ich ja schon ganz gut,” meinte die Kleine und versuchte die ersten Überschläge. Doch dabei bemerkte sie erst, dass die Wiese wie ein kleiner Berg war und lief weiter bis die Wiese zu einer geraden Fläche wurde, um Rad schlagen zu können. Dann erkannte sie, dass die ganze Wiese voller bunter Blumen war und dachte sich, den Eltern einen kleinen Strauß zu pflücken.
Die Gänseblümchen kannte sie schon und brach sie ganz tief an der Wurzel, weil sie einen großen Strauss binden wollte. Auch gelbe Blümchen entdeckte sie, die ihr gefielen und ein bisschen weiter weg pflückte sie blaue. Ihre Mutter würde ihr schon sagen, welche das seien. Dann sprang sie weiter und fand den Klatschmohn. Den kannte sie schon, weil ihr Bruder mal gezeigt hatte, dass man daraus eine Tänzerin machen konnte. Dann fand sie ein paar schöne Gräser mit stacheligen Köpfen, die sie gut gebrauchen konnte.
Lustig sahen die aus.
Ein bisschen weiter erkannte sie kleine Glockenblümchen, die sie noch schnell pflücken wollte. Nun verschwanden die Gänseblümchen fast im Strauss, so dass sie beschloss, einen Kranz davon außen um den Bund zu legen. Dazu setzte sie sich ins Gras und spürte, dass sie ein bisschen müde wurde. „Ach,“ seufzte sie, „und jetzt bin ich richtig kaputt und werde ein kleines Nickerchen machen bis die Eltern aus dem Haus kommen.“ Und sie vergaß, dass sie sich schon viele Meter vom Haus entfernt hatte.
Sie hörte nicht, wie man ihren Namen rief, man sah sie nicht und Saskia schlummerte tief vor sich hin.
Als es schon ein bisschen dämmrig wurde, stand sie erfrischt auf, um heim zu laufen, doch wo war das. Wohin war sie gelaufen und woher war sie gekommen. Sie blickte über die Wiese und wollte ihre Gänseblümchen wieder suchen. Aber da erst bemerkte sie, dass die ganze Wiese voller Gänseblümchen war. Dann schaute sie nach dem Klatschmohn aus und auch den konnte sie plötzlich überall stehen sehen. Und mit all den anderen Blumen und Gräsern war es dasselbe gewesen. Immerzu dachte sie, dass in der Ferne noch schönere Blümchen standen und so hatte sie sich auf diese Weise weiter und weiter vom Haus entfernt.
Da packte sie doch allmählich die Angst, weil es dämmriger wurde und sie suchte einen Baum, auf den sie würde hochklettern können, um ihr Umfeld zu erkennen. Vielleicht könnte sie dann auch ihr neues Zuhause erkennen. Sie fand einen Baum, doch der war zu hoch, so dass sie sich nur darunter legen konnte. Und das tat sie auch, drückte ihre Blumen an sich, faltete die Hände zum Gebet und blieb dort, bis… ihr Bruder Ben vor ihr stand und Cilla sie laut anbellte. Cilla, der Hund ihrer Familie umwedelte sie und Saskia hielt sich an seinem Halsband fest.
Wo kommt Ihr denn her, ach bringt mich einfach nur nach Hause,“
flüsterte sie noch immer mit angstvoller Stimme. Dann stand sie auf und lief mit Ben und Cilla nach Hause. Der Blumenstrauß in ihren Händen wirkte schon ziemlich zerzaust.
Ihren Eltern fiel ein Stein vom Herzen, denn während der eine immerzu mit der Polizei sprach, suchte der andere die Straßen ab. Ben und Cilla hatten sie nicht im Blick gehabt. Die Eltern stürzten sich auf alle drei, schimpfend und glücklich. Cilla bekam eine extra Portion Leckerlis und wurde von allen sehr beschmust, Ben für seine Fürsorge sehr gelobt, während Saskia doch noch eine Standpauke über sich ergehen lassen musste.
Papa sagte noch den Satz „Wozu in die Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt so nah,“ aber das konnte Saskia nicht mehr verstehen und schlief stehenden Fußes ein. Warum musste der Vater auch immer so schwierige Sachen fragen, wenn man schon auf dem Weg zu seinen Träumen war.