Der Schnee lag dick auf Wegen und Strassen, Wind pustete sanft die Schneeflocken wie Wattebäusche durch die Luft. Die kleinen Kinder kamen aus der Kälte in die Wohnung und freuten sich, dass der Herd in der Küche den Raum erwärmte. Vati hatte noch Holz von draussen in der Küche gestapelt und so waren alle froh, überhaupt einen warmen Raum zu haben. Ihre Bäckchen glühten und die Augen strahlten. Auf dem Tisch lagen die Holzbrettchen und jedes Kind durfte eine dicke Scheibe Brot essen. Die Zeiten waren schlecht und gar mancher hatte keine warme Küche oder eine Wohnung überhaupt. Die Kleinen hatten längst die kratzigen langen Strümpfe ausgezogen und trugen nun die dicken von Oma gestrickten Socken. Brav warteten sie auf die warme Milch, die Mutti gleich verteilte. Grosse Stille herrschte, während das Brot hungrig verschlugen wurde. Hans mit seinen sechs Jahren rollte meist das letzte Stückchen des Brotes zu einer Kugel und verbrachte Stunden damit, jedes Krümelchen langsam zu verabschieden, indem die Zunge einen Krümel nach dem anderen in den Mund balancierte.
Nach dem Hände waschen setzten sich alle wieder an den frisch gewischten Tisch und jeder durfte seine Weihnachtswünsche auf einen Zettel schreiben, denn bald würde das Christkind wissen wollen, was sich die Kinder wünschten. Es waren meist ganz kleine Wünsche, weil es nicht viel gab in diesem Deutschland 1932. Es gab kaum Arbeit und die Familie von Hans hatte Glück, weil sie ein bisschen Garten hatten, wo sie das ganze Jahr über Gemüse, Obst, Kartoffeln und Salat anbauen konnten. Im Augenblick assen sie Mittags fast jeden Tag Steckrüben- oder Kartoffelsuppe.
Hans wünschte sich unbedingt ein Taschenmesser, so schrieb er, wenn es geht. Dickerle wünschte sich sehnsüchtig eine Mütze für ihre kalten Ohren. Bärbele wollte endlich mal Schuhe haben, die nicht scheuerten, weil sie trotz drei paar Strümpfen übereinander Blasen an den Füssen hatte. Und dann sangen alle „Ihr Kinderlein kommet“ und Wolfi spielte dazu auf dem Klavier, was er mit sieben Jahren noch nicht besonders gut konnte. Meist waren die anderen Kinder schneller mit dem Singen fertig als er mit Spielen.
Derweil sammelte Mutter die Wunschzettel ein, legte sie in den Brotkorb mit dem Versprechen an die Kinder, das Körbchen vor das Fenster zu stellen, damit die Engel die Wunschzettel zum Christkind bringen konnten.
Dann war es Schlafenszeit. Die Kinder huschten schnell in ihre Schlafanzüge, schüttelten die Betten und legten sich auf die Strohballen und warteten, bis sie endlich warm genug waren, um einzuschlafen.
Der Vater schaute nochmal in den Schlafraum, hob die Kerze hoch, um alle Kinder nochmal anzuschauen und dann verliess er leise den Dachboden.
Gute Nacht.